Das Gallensteinleiden

(Ursachen - Symptome - Folgen - Therapie)

 

Abb 1: Anatomie des Gallenwegsystems

 

Zusammenfassung

Die Cholelithiasis (griech. Chole = Galle, lithos = Stein), auch Gallensteinleiden genannt, ist die häufigste und bedeutendste Erkrankung der Gallenblase und der Gallengänge, wobei Frauen häufiger als Männer davon betroffen sind. In den westlichen Industrieländern entwickeln ca. 10-15% der Erwachsenen Gallensteine, allerdings entwickeln nur etwa 20% der Betroffenen Symptome. Die Risikofaktoren der Erkrankung sind vor allem Übergewicht und erhöhte Blutfettwerte (Cholesterin).

 

Die Gallenkolik ist das typische Symptom des Gallensteinleidens. Der recht heftige Schmerz ist in der Regel im rechten Oberbauch lokalisiert und strahlt häufig in den Rücken / die Schulter rechts aus. Die Schmerzen können mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen. Nicht selten läßt sich das Auftreten der Gallenkoliken mit fettreicher Nahrung provozieren.

 

Die Diagnose kann in der Regel relativ unkompliziert mittels einer Ultraschalluntersuchung des Oberbauches gestellt werden. Bei Steinen in der Gallenblase besteht die Standardtherapie in der operativen Entfernung der Gallenblase (=Cholezystektomie). Gallengangssteine dagegen werden in der Regel endoskopisch (=Spiegelung) entfernt.

 

Unterscheidung: Gallengang und Gallenblase

Bei der Cholelithiasis handelt es sich um die Ausbildung von festen Konkrementen in der Gallenblase (=Cholezystolithiasis) oder in den Gallengängen (=Choledocholithiasis). Die Unterscheidung zwischen Gallenblasenstein und Gallengangstein ist sehr wichtig, da sich aus der jeweiligen Lokalisation der Steine innerhalb des Gallenwegssystems verschiedene Behandlungstechniken ableiten. Diese Konkremente variieren in ihrer Größe von einigen Millimetern (auch Sludge oder Grieß genannt) bis hin zu zentimetergroßen Steinen. Sie treten vereinzelt oder zu mehreren auf.

 

Funktion der Gallenblase

Die Gallenblase ist ein länglicher Muskelschlauch, der unter dem rechten Leberlappen liegt und über den Gallenblasengang mit dem Gallenwegssystem verbunden ist., welches aus der Leber in den Zwölffingerdarm mündet. Die zur Verdauung notwendige Gallenflüssigkeit wird in der Leber und nicht, wie irrtümlich häufig angenommen wird, in der Gallenblase gebildet. Die Leber produziert täglich etwa 1000ml gelb-grüne Gallenfüssigkeit. Die Gallenblase hat die Funktion, einen Teil der kontinuierlich von der Leber produzierten Galleflüssigkeit zu speichern (ca 40-100ml ) und einzudicken.

 

Ursachen und Entstehung von Gallensteinen

Bei der Entstehung von Cholesterinsteinen wirken verschiedene körpereigene und nahrungsmittelbedingte Faktoren zusammen. Eine wichtige Voraussetzung ist die Übersättigung der Gallenflüssigkeit mit Cholesterin. Im Normalfall beträgt das Verhältnis von Gallensäuren zu Cholesterin in der Galle 20:1. Sinkt dieses Verhältnis auf unter 13:1 bleibt das Cholesterin nicht mehr gelöst, sondern fällt aus und es bilden sich Steine.

Gallensteine treten mitunter gehäuft innerhalb einer Familie auf, so dass von einer erblichen Disposition (=Empfänglichkeit, Anfälligkeit) ausgegangen werden kann. Die genauen Faktoren, die zu dieser Disposition führen, sind nicht bekannt. Menschen mit genetisch bedingten Fettstoffwechselstörungen, bei denen der Körper neben dem Cholesterin in der Nahrung zu viel eigenes Cholesterin bildet, haben ein erhöhtes Risiko, Gallensteine zu entwickeln. Zu erwähnen ist außerdem, dass das Gallensteinleiden z.B. bei der Massai-Bevölkerung Ostafrikas praktisch nicht vorkommt.

Frauen sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Männer. Zusätzlich steigt das Risiko für Frauen, Gallensteine zu entwickeln, mit der Anzahl der Schwangerschaften.

Mit höherem Lebensalter nimmt die Häufigkeit von Gallensteinen zu.

Eine cholesterinreiche Ernährung führt zu einem Anstieg des Cholesterinspiegels im Blut und begünstigt so die Entstehung von cholesterinhaltigen Gallensteinen. Auch eine ballaststoffarme Ernährung erhöht das Risiko der Bildung von Gallensteinen. Sie verzögert die Passage der Nahrung im Darm, wodurch es zu einer erhöhten Resorption (=Aufnahme) von Fetten ins Blut und damit einem Anstieg des Blutcholesterinspiegels kommt.

Übergewichtigkeit (=Adipositas) geht in der Regel mit einer erhöhten Konzentration von Cholesterin im Blut einher. Schon ein Übergewicht von etwa 20% verdoppelt das Risiko für die Entstehung von Gallensteinen.

Ein Verlust oder eine verminderte Bildung der Gallensäuren, die das Cholesterin in Lösung halten und somit dessen Ausfällen verhindern, begünstigen ebenfalls die Bildung von Gallensteinen. Diese Gallensäuren werden, nachdem sie ihre Aufgabe bei der Fettverdauung erfüllt haben, vom Darm wieder aufgenommen. Nur etwa 4% gehen mit dem Stuhl verloren, die übrigen 96% gelangen zurück zur Leber. Die Gallensäuren kreisen also in einem so genannten enterohepatischen Kreislauf zwischen dem Darm und der Leber. Bei entzündlichen Erkrankungen des Darms, z.B. Morbus Crohn, oder auch nach einer operativen Entfernung größerer Darmabschnitte ist die Wiederaufnahme der Gallensäuren durch den Darm gestört, und die Gallensäuren gehen über den Stuhl verloren. Die Leber kann diesen Verlust nicht ausgleichen, so dass der Anteil der Gallensäuren in der Galle sinkt.

Der Entwicklung von Pigmentsteinen liegt in der Regel eine Übersättigung der Gallenflüssigkeit mit Bilirubin zugrunde. Bilirubin ist ein rot-oranger Gallenfarbstoff, der beim Abbau des Hämoglobins (=roter Blutfarbstoff) aus den roten Blutkörperchen entsteht und über die Galle und schließlich den Darm ausgeschieden wird. Alle Erkrankungen, die mit einem erhöhten Abbau von roten Blutkörperchen einhergehen, also so genannte Hämolysen (=Blutzerfall), bewirken eine gesteigerte Bildung des Bilirubins. Daneben führen bestimmte angeborene oder erworbene Erkrankungen der Leber zu einem gestörten Bilirubinstoffwechsel mit nachfolgender Pigmentsteinbildung. Auch Erkrankungen, die den Abfluss der Galle aus der Gallenblase behindern, sind Risikofaktoren. Die häufig auftretenden Infektionen der Gallenwege mit Bakterien oder Parasiten im Orient und in Japan führen zu einem gehäuften Auftreten von Pigmentsteinen in diesen Gebieten.

 

Symptome

Die Beschwerden von Patienten mit Gallensteinen sind häufig zunächst eher unspezifisch. Besonders nach fettreichen Mahlzeiten treten Schmerzen im rechten Oberbauch auf, die häufig mit Völlegefühl, Blähungen und Übelkeit verbunden sind. Handelt es sich dabei um eine leichte Gallenblasenreizung ähneln die Beschwerden denen einer leichten Magenentzündung und können daher schnell verwechselt werden. Bei einer stärkeren Reizung strahlen die Schmerzen in den Rücken und in die rechte Schulter aus.

Klemmt sich ein Gallenstein im Gallenblasengang, dem Ductus cysticus, oder im eigentlichen Gallengang, dem Ductus choledochus, ein, kommt es zu einer so genannten Gallenkolik (griech. kolike = Darmleiden). Dabei ziehen sich die Muskeln in der Wand der Gallenwege zusammen, um den Stein weiterzubefördern. Durch die Druckerhöhung in den Gallenwegen entstehen heftige krampfartige Schmerzen vor allem im rechten Oberbauch, die in den Rücken und die rechte Schulter ausstrahlen und von den Patienten häufig als nahezu unerträglich beschrieben werden. Zwischendurch flauen die Schmerzen ab und setzen nach einer Weile erneut heftig ein. Eine solche Kolik kann von Übelkeit, Aufstoßen und Erbrechen begleitet sein. Mitunter tritt in den folgenden Tagen eine leichte Gelbsucht (=Ikterus) auf. Der Stuhl der Patienten ist häufig entfärbt, da durch den Gallenwegsverschluss die Gallenfarbstoffe im Stuhl fehlen. Außerdem leiden die Betroffenen oft unter so genannten Fettdurchfällen, da durch den Mangel an Gallenflüssigkeit der Fettabbau gestört ist.

 

Diagnose

Häufig deuten bereits die Beschwerden des Patienten (z.B. Unverträglichkeit fettreicher Mahlzeiten, eventuelle vorangegangene Gallenkoliken) auf ein Gallensteinleiden hin. Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich häufig ein Druckschmerz über der Gallenblase. Besteht der Verdacht auf einen Verschluss der Gallenwege, sollte eine Blutentnahme erfolgen, da die Erkrankung mit typischen Veränderungen bestimmter Blutparameter einhergeht.

Befinden sich die Gallensteine in der Gallenblase, sind sie in einer Ultraschalluntersuchung in der Regel gut sichtbar.

Abb 2: Ultraschallbild eines Gallensteins

Liegen die Steine dagegen in den Gallengängen, reicht die Ultraschalluntersuchung meist nicht aus, um die Steine zu erkennen. Häufig wird die Diagnose deshalb endoskopisch gesichert, d.h. über eine Spiegelung der ableitenden Gallenwege mit der Gabe eines Kontrastmittels und einer gleichzeitigen Röntgenkontrolle (so genannte ERCP = endoskopische retrograde Cholangio- und Pankreatographie).

Abb 3: Röntgenbild einer ERCP mit Gallengangsstein

Das modernste, allerdings nicht überall verfügbare, Verfahren ist die Darstellung der Gallengänge mittels Kernspin-Tomographie. Bei diesem Verfahren ist eine Endoskopie nicht notwendig, d.h. eine weniger belastende Untersuchung für den Patienten, allerdings können bei dieser rein diagnostischen Maßnahme keine Steine aus dem Gang entfernt werden, wie dies beispielsweise bei der ERCP möglich ist.

Abb 4: Kernspindarstellung (Gallengangsstein)

 

Komplikationen

Bei einem Verschluss des Gallenblasenganges ist die häufigste Komplikation eine akute Entzündung der Gallenblase (=Cholezystitis). Sie entsteht über eine Schädigung der Gallenblasenschleimhaut durch stark konzentrierte Galle, die, da der Ausgang durch den Stein versperrt ist, nicht aus der Gallenblase abfließen kann. Über den Gallenstau kann es zu einem Einwandern von Bakterien mit nachfolgender Infektion der Gallenblase kommen. Die Patienten haben dann in der Regel neben den kolikartigen Schmerzen auch Fieber. Mitunter ist die geschwollene Gallenblase durch die Bauchdecke schmerzhaft tastbar.

Im Verlauf einer akuten Gallenblasenentzündung kann es zur Bildung von eitrigen Abszessen in der Gallenblase kommen, die als Gallenblasenempyeme bezeichnet werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Gallensteine durch die Gallenblasenwand perforieren. In seltenen Fällen können größere Steine, die in den Darmtrakt perforieren, einen Dünndarmverschluss (=Gallensteinileus) hervorrufen.

Wandert ein Gallenstein in den eigentlichen Gallengang, den Ductus choledochus, und verschließt ihn, kann sich ein so genannter Verschlussikterus (griech. íkteros = Gelbsucht) entwickeln. Dabei treten die Gallenfarbstoffe, die durch den Verschluss nicht mehr in den Darm abfließen können, vermehrt ins Blut über und verfärben die Körpergewebe gelblich. Vor allem an der Sklera des Auges (=Lederhaut, das Weiß des Auges) wird diese Gelbsucht sichtbar. Darüber hinaus kann es durch einen Verschluss des Gallenganges zu einer akuten Entzündung der Gallenwege (=Cholangitis) oder einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse (=Pankreatitis) kommen.

Chronisch wiederkehrende Gallenblasenentzündungen durch Gallensteine können zu einer Verkalkung der Gallenblasenwand (Porzellangallenblase genannt) und zur Entwicklung von bösartigen Gallenblasentumoren führen.

 

Therapie

Die Standardtherapie der Cholelithiasis ist die Entfernung der Gallenblase (=Cholezystektomie). Hierfür wird heutzutage in den meisten Fällen eine so genannte Laparoskopie, d.h. eine Bauchspiegelung mit Hilfe eines Endoskops, durchgeführt, so dass der Eingriff räumlich begrenzt bleibt (so genannte "Schlüssellochchirurgie"). Die offene Operation der Gallenblase wurde in den letzten Jahren von dieser minimal invasiven Therapie verdrängt, da sie meist mit einer längeren Genesungszeit des Patienten verbunden ist. Bei einer Entfernung der Gallenblase kann mit einem vollständigen Ausheilen der Erkrankung gerechnet werden. Nur in seltenen Fällen treten Rezidive, d.h. neue Steine auf. Allerdings werden im Allgemeinen ausschließlich Patienten behandelt, die Symptome der Krankheit entwickeln. Eine vorbeugende Entfernung der Gallenblase ist in der Regel nicht sinnvoll.

Abb 5: Bauchspiegelungsoperation

Gallengangssteine werden meist unmittelbar im Anschluss an die diagnostische ERCP entfernt. Dabei wird über ein Endoskop ein Körbchen in den Gallengang eingeführt, der Stein gefasst und herausgeholt.

Nicht operative Behandlungsmethoden sind in der Regel weniger erfolgreich und werden deshalb auch seltener angewendet. Nach einer medikamentösen Therapie mit Gallensäuren, mit deren Hilfe die Steine über mehrere Monate hinweg aufgelöst werden, sind häufig bereits nach wenigen Jahren Rezidive zu beobachten. Auch neuere Methoden wie die Steinauflösung mit Methyl-Tertbutyläther (MTBE) oder die Steinzertrümmerung (=Lithotrypsie) mittels so genannter extrakorporal (=außerhalb des Körpers) erzeugter Schallwellen zeigen mit etwa 50% innerhalb von fünf Jahren eine hohe Rezidivrate.

Diätetische Maßnahmen wie das Meiden von fettreichen Nahrungsmitteln können dem Patienten helfen, die Symptome von Gallensteinen zu lindern. Sie sind jedoch kein Ersatz für eine heilende Therapie. Nach der Entfernung der Gallenblase sind in der Regel keine Einschränkungen in der Ernährung notwendig.

 

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